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Barfuß laufen – zurück zum Gefühl

von Sigrid Eder

In meinem Schuhschrank befinden sich ungefähr 50 Paar Laufschuhe. Vielleicht sind es auch 70. Ich weiß es nicht. Manche Schuhe laufe ich öfter, manche sehr selten. Manche schenke ich her – weil sie nicht passen oder einfach, weil ich jemandem eine Freude machen möchte. 

Die Schuhe, die ich sehr selten benutze, sind meine Barfußschuhe. Ich habe zwei Paar sogenannter ‘Fivefingers’ von Vibram, die sehr lange ein Dasein in der Ecke fristen mussten. Das ist jetzt vorbei, denn ich schenke ihnen sehr, sehr viel Beachtung.

Wie kam es dazu? Vor etwa zwei Wochen hatte ich ein kleines, oder auch großes, sogenanntes ‘Knockout’. Es ging nichts mehr. Nachdem ich mich in letzter Zeit in absoluter Hochform fühlte, lag ich nun schmerzverzerrt am Boden. Ich konnte nicht mehr sitzen, jede Bewegung tat höllisch weh und wenn ich versuchte, spazieren zu gehen, hatte ich das Gefühl meine Beine würden unter mir wegschwimmen. Ich bekam es mit der Angst zu tun. Statt im Wald herumzuhüpfen, hing ich an der Infusionsnadel und hatte viel Zeit zum Nachdenken. Über das Leben, das Laufen und irgendwann über meine Füße.

Als Läuferin, die auch gerne an Wettkämpfen teilnimmt und als Redakteurin mache ich mir natürlich sehr viele Gedanken darüber, wie man sich verbessern kann; sei es durch die richtige Trainingsplanung, pulsgesteuertes Training, optimale Ernährung, Kraft- und Stabilisationstraining etc. 

Warum mache ich mir eigentlich nie Gedanken über meine Füße? 

Wusstest du, dass unser Fuß aus 28 Knochen, 33 Gelenken und jeder Menge Muskeln besteht? 

Wie stark muss ein Schuh eigentlich dämpfen, wie hoch ist die individuell richtige Sprengung? In diesen ‘Tagen des Herumliegens’ fiel mir dann auch noch das Buch ‘Born to run’ in die Hand, das von den Tarahumara, den vielleicht weltbesten Langstreckenläufern der Welt, handelt. Sie laufen in absolut minimalistischen Schuhen und haben dennoch keine Haltungsschäden.

Nach einiger Recherche über Bandscheiben, korrekte Haltung, den Einfluss von Sprengung, Dämpfung und so weiter habe ich einfach meine Fivefingers herausgekramt und bin damit eine Runde spazieren gegangen. Langsam. Sehr bewusst. 

Es war ein sehr schönes Gefühl, einerseits weil es mir besser ging und dieses pelzige Gefühl in den Beinen wieder weg war, aber auch, weil das Gefühl für die Bewegung ein ganz Anderes ist. Um es in Social-Media-Sprache auszudrücken: #nofilterneeded

Ganz ungefiltert am Waldboden stehen, über eine Wurzel balancieren, bemerken, wie die Wadenmuskulatur bei jedem Schritt mitarbeitet. Es ist ein tolles und spannendes Gefühl.

Ich möchte keineswegs schreiben, dass nun jeder immer barfuß laufen soll.. nein, das werde ich auch selbst nicht machen. Ich liebe meine Scott, Dynafit, Salomon, Adidas, Hoka und viele, viele mehr…. Aber ich möchte euch mit diesem Newsletter ans Herz legen, abseits von virtuellen Wettkämpfen, die jetzige Zeit auch zu nutzen, um Neues auszuprobieren, neben aller Optimierung und Verbesserung auch zurück zu euch selbst zu kommen. Bewusst gehen, bewusst laufen, zur Ruhe kommen und spüren….

Ich hätte das schon viel früher machen sollen, dann wäre ich vielleicht nicht so hart am Boden gelandet.

Ich freue mich über eure Erfahrungen, die ihr barfuß macht oder schon gemacht habt. Schreibt mir einfach an sigrid[at]trailrunning-szene.at

Bis bald am Trail, genießt das lange Wochenende und die Natur! 

Sigrid

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