Sensationeller 9. Platz für Flo Grasel beim UTMB

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170 Kilometer, 10.000 Höhenmeter, das Olympia des Trailrunnings. Um hier mitlaufen dürfen, braucht es die nötigen Qualifikationspunkte und natürlich immense Vorbereitung. Wer ganz vorne mit dabei ist, darf sich als Elite des Ultra-Trailrunnings bezeichnen. Der Österreicher Florian Grasel hat dabei heuer den sensationellen 9. Rang erreicht!

Flo, mehr als eine Woche ist seit deinem sensationellen Ergebnis beim UTMB vergangen. Wenn du jetzt zurückdenkst, was ist das Erste, das dir einfällt? Welchen Moment wirst du nie vergessen?
Pfuhhh… da gibt es ehrlich gesagt viele. Natürlich ganz klar der Zieleinlauf und die Siegerehrung. 2013, 2015 und 2017 bin ich am Sonntag bei der Siegerehrung gestanden und habe die 10 Topstars der Welt bewundert und ich weiß nicht wie es passiert ist, aber heuer bin ich da oben gestanden. Aber auch im Rennen gab es viele Momente, die mir in Erinnerung bleiben werden – zum Beispiel der Downhill in der Nacht mit Andreas Pfandlbauer gemeinsam vom Col de Bonhomme – da hatte ich einfach Spaß am Laufen und keinen Druck. Da fühlte ich mich so richtig frei.

Wie war das Rennen für dich? Bei km 130 (wenn ich mich recht erinnere) hast du zuhause angerufen und wolltest aufgeben. Welche Hochs und Tiefs hast du während der mehr als 23 Stunden durchgemacht?
In Courmayeur erfuhr ich „leider“, dass ich in den Top 10 bin. Das hat mich wie ein Schlag getroffen. Letztes Jahr habe ich alles so penibelst genau auf mein Ziel unter 24h zu laufen vorbereitet, z.B. eine Woche zuvor zum Akklimatisieren und Ausschlafen angereist, eine super Support-Crew, eine Renneinteilung. Dagegen heuer: Am Mittwoch in der Nacht 1000 km mit Andi nach Chamonix gefahren, dort dann nicht wirklich gut geschlafen, keine Support-Crew und mit der Taktik ‚mal schauen was geht‘ gestartet… und auf einmal bin ich in den Top 10?
Auf das war ich nicht wirklich vorbereitet und das ärgerte mich auch ein wenig! Natürlich war ich dann übermotiviert und den nächsten Streckenabschnitt habe ich eindeutig überpaced (d.h. zu schnell gelaufen) und auch nicht wirklich auf meine Nahrungsaufnahme geachtet. Bei Km 125 war dann die Luft draußen – ich war so innerlich müde, dass ich wirklich dachte mein letzter Lebenshauch verlässt meinen Körper. Ich hab meine Frau angerufen und ihr das gesagt, und dass ich in Champex Lac aufhöre. Ich habe mir positive Bestärkung erwartet  à la „Bitte riskier nichts und es ist besser du hörst auf“. Stattdessen sagt sie zu mir „Sei kein Weichei. Selbstverständlich wirst du weiterlaufen“. Tja, als braver Ehemann gehorchte ich. Es folgte dann leider kein wirkliches Hoch mehr, aber ich habe die restlichen 45 km dennoch irgendwie geschafft.

Für ein Top-10 Resultat muss sehr viel zusammenpassen, was war vor dem Rennen ursprünglich dein Ziel? Sub 24 hast du 2017 schon geschafft, hast du insgeheim gehofft, noch ein wenig schneller sein zu können oder war es doch eine Überraschung für dich?
Das war eine absolute Überraschung. Aufgrund der Geburt unserer Zwillinge im November stand natürlich das Training in den letzten Monaten nicht im Vordergrund. Ich habe notgedrungen von Quantität auf Qualität umgestellt und sogar die letzten Wochen mit Gerhard Schiemer als Trainer zusammengearbeitet. Aber zugegebenermaßen war ich skeptisch. Bei den letzten Rennen hatte ich – trotz guter Resultate – gegen Schluss immer wieder Probleme mit Krämpfen. In Kombination mit der Hektik bei der Anreise, Stress in der Firma und Schlafmangel habe ich mir bewusst kein Ziel gesetzt.

Jetzt wollen sicher alle wissen: Was ist dein Erfolgsgeheimnis? Wie machst du das?
Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung! Ich habe mich das in den letzten Tagen auch gefragt und das einzige was dabei als Antwort herausgekommen ist: Ich liebe es einfach zu laufen, meine Familie, mein Team, meine Kunden und meine Arbeit. Und ich glaube vor allem die Kombination macht es aus – sozusagen die Life-Trail-Work-Balance.

Zieleinlauf Chamonix

Zieleinlauf Chamonix

Wie kann man sich dein Training vorstellen, wie viele Stunden pro Woche, Kilometer, Höhenmeter, investierst du durchschnittlich?
Das hat sich jetzt sehr gewandelt. Letztes Jahr waren es an die 20-25 Stunden pro Woche mit 5.000 km und 300.000 hm. Dieses Jahr habe ich mir keine einzige Auswertung angesehen um mich selbst nicht unter Druck zu setzen. Die Qualität im Training hat es scheinbar ‚echt gebracht‘, aber wahrscheinlich auch nur in Kombination mit dem jahrelangen Grundlagentraining und den vielen Umfängen.

Nach so einem Resultat fragt man sich: Wie soll/wird das weitergehen? Denkst du, dass du hier leistungstechnisch deinen Zenit erreicht hast oder weckt es die Lust nach noch mehr?
Das kann ich jetzt noch nicht beantworten. Natürlich überlege ich, wenn ich gleich akribisch wie letztes Jahr mit der Planung gewesen wäre, dann wäre heuer sicher noch mehr drinnen gewesen. Aber andererseits hätte das wieder andere Probleme mit sich führen können und ich wär evtl. schon zu Beginn des Rennens zu übermotiviert gewesen; womöglich wäre  dann schon in Courmayeur das Rennen zu Ende gewesen. So wie es war, war es scheinbar das einzig Richtige und so werde ich es wahrscheinlich weiter handhaben. Einfach laufen lassen und was passiert – passiert.

Du warst auch beim Tromso Skyrace sehr erfolgreich, ist Skyrunning allgemein ein Thema, das dich reizt?
ich liebe technisch schwierige Trails und mir hat Tromso immens Spaß gemacht. Ich glaube, da wird mir noch das eine oder andere Skyrace ‚reinlaufen‘. Aber wirklich nur zum Spaß, wir haben bei uns im Boa Running Team einige sehr schnelle und bessere Läufer für diese Distanz und diese Art von Rennen – ich werde mich wahrscheinlich weiterhin auf die längeren gemütlicheren Läufe konzentrieren 🙂

Hast du heuer noch irgendwelche Pläne oder genießt du erstmal die Auszeit? Was steht 2019 am Programm?
Nein – jetzt ist erst einmal Familienzeit angesagt. Meine Firma braucht mich auch, denn wir haben einige interessante SharePoint Projekte für unsere Großkunden ÖBB, PORR und die REWE am ‚Laufen‘. Unter anderem haben wir ein Outlook Add-In für SharePoint entwickelt, dass aktuell bei über 50.000 Usern täglich im Einsatz ist – das ist auch mit einem UTMB vergleichbar.
Gelaufen wird zwar auch, aber hauptsächlich zum Frühshoppen auf den Berg oder bei dem einen oder anderen Rennen auf der Strecke zum Anfeuern und Fotografieren. 2019 werde ich erst Ende des Jahres planen – einmal Hardrock100 wäre noch ein großer Traum von mir!

Der traditionelle Zielsprung von Flo

Der traditionelle Zielsprung von Flo

Copyright der Bilder:
Zielfoto ©irunfar.com
Podium (Titelbild) ©Andrew Smith