Großglockner Ultratrail – gib niemals auf

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Freitag Abend, 23 Uhr, Schaufelbergparkplatz Kaprun. Der Startschuss zum 3. Großglockner Ultratrail fällt. 110 km und unglaubliche 6.500 Höhenmeter warten auf uns Läufer. Etwa 300 sind am Start und versuchen, dieses Monster von einem Ultralauf zu bewältigen. Darunter auch ich, immerhin habe ich mit diesem Lauf noch eine Rechnung offen. Im Vorjahr war ich mit einem Freund unterwegs (Bericht HIER) und das lief nicht ganz so wie geplant.

Die Vorbereitung war gut, die bisherigen Läufe in diesem Jahr liefen alle toll, ohne gräbere Probleme. 50 Kilometer laufen? 80 Kilometer? Kein Problem! – vielleicht war sogar alles ein bisschen zu einfach.
Die letzten Wochen war ich beruflich allerdings dauernd unterwegs, schlief permanent viel zu wenig. Das setzte sich die letzten Tage vor dem Rennen mit den Kindern zuhause fort.
Vor dem Startschuss kurz vor Mitternacht konnte ich auch kein Auge zutun. Das tat der Zuversicht aber keinen Abbruch, ich freute mich auf das Rennen und mit einer Portion Koffein würde es schon laufen.

Nach nur wenigen Kilometern im Rennen merke ich: Der Kaffee zeigt keine Wirkung, mir ist schwindlig und ich kann mich nicht richtig konzentrieren. Dennoch: Die ersten Stunden ist es technisch nicht anspruchsvoll, ich versuche mein Tempo zu finden und bin ganz beständig unterwegs. Von Anfang an habe ich allerdings kein gutes Gefühl. Die Augen wollen einfach nicht scharf stellen. Mitten in der Nacht erschrickt ein freilaufendes Pferd am Weg, es läuft wiehernd davon. Kühe starren uns an, die Trails sind rutschig und es gilt aufzupassen.

Ferleiten: 22 km / 1.400 HM, Labestation 1

Untertags ist hier die Mautstelle der Großglockner Hochalpenstraße. Jetzt, um ca. 2 Uhr Früh leuchten alle Durchfahrten rot, die Straße ist gesperrt, wir sind die Einzigen, die zu dieser Zeit hier vorbeikommen.
Ich gönne mir einen Becher Tee, nehme ein Kitkat mit und dann geht es hinein ins Käfertal. Das Feld hat sich mittlerweile auseinandergezogen, die Markierungen sind allerdings perfekt gesetzt und geben Sicherheit in der dunklen Nacht. Nun wartet ein steiler Anstieg: 1.500 Höhenmeter stehen uns bevor. Die Nachtfalter fliegen gegen meine Stirnlampe, vor und hinter mir ist ein Lichtermeer, das durch die Nacht zieht. Die Läufer, die bereits weit oben sind lassen erahnen welchen Weg wir noch vor uns haben.
Ein Läufer ruft mir zu: „Schreibst dann eh wieder einen Bericht?“ – Ja sicher – hoffentlich wird er unspektakulär, geht es mir durch den Kopf.

Dieser Aufstieg in der Nacht ist fast schon meditativ. Essen, trinken, steigen, hin und wieder ein Blick auf die Uhr. Die letzten 300 Höhenmeter führen über ein Schneefeld. Es ist steil und rutschig, mit Snowline Spikes würde ich mich ein wenig sicherer fühlen. Ich versuche mich zu konzentrieren, ramme die Stöcke in den Boden und hoffe nicht auszurutschen. Oben am Berg weht ein starker Wind, so schnell wie möglich ziehe ich meine Jacke über, es ist saukalt!

Super seits unterwegs, rufen uns die Bergretter zu, die hier die Strecke absichern. Mein Gefühl ist alles andere als super, ich fühle mich völlig benommen. Bergab wird meine Konzentration nicht besser, ich stürze, und zwar mit dem Hintern auf einen großen spitzen Stein. Wie dieser einen Tag später aussieht, kann man sich – recht violett – ausmalen.

Blick zurück Richtung Glocknerhaus

Blick zurück Richtung Glocknerhaus

Glocknerhaus – 38 km / 3.100 HM

Die ersten sitzen da und beenden das Rennen. Das könnte ich jetzt auch machen. Ich fühle mich wirklich sch*****. Die warme Hütte ist verlockend, die dunklen Wolken am weiteren Weg eher weniger. Ich kämpfe mit mir selbst – nein, so schnell gebe ich nicht auf. Außerdem, so sage ich mir: Wenn du jetzt aufhärst, hast du ja gar kein Wechselgewand und dann bist du sicher morgen krank. Rationale Fakten gegen mich selbst helfen.
Ich ziehe weiter aufwärts Richtung Salmhütte.

aufwärts Richtung Wiener Höhenweg und Salmhütte

Der nächste Anstieg Richtung Wiener Höhenweg: Mittlerweile ist die Stirnlampe im Rucksack verstaut, der Himmel zeigt sich aber grau in grau.
Mitten im Anstieg zieht eine Wolkenwand auf uns zu, es beginnt stark zu regnen. Alles kein Problem. Doch dann donnert es. Und mir reicht es. In dem Zustand und bei dem Wetter noch 70 Kilometer weiterlaufen? Nein, das habe ich wirklich nicht nötig.

– Sch**** doch drauf, ich drehe jetzt um –

Ich bin richtig wütend, auf das Wetter, auf meinen Zustand, auf die ganze Welt. Also gehe ich wieder abwärts. Ich denke an das Vorwort, das ich in der nächsten Ausgabe schreibe. Thema: DNF = Did not Finish.
Nach etwa 10 Minuten bleibe ich stehen. Läufer um Läufer geht unbeeindruckt vom Wetter an mir vorbei. Bin ich wirklich so ein Angsthase? Bei nur einem Donnern gerätst du in Panik und siehst gleich ein mächtiges Gewitter herankommen? Machst du das jetzt wirklich? Du hörst einfach so auf?
Was jetzt? Nach einer Weile kommt Stefan von den Kilometerfressern herauf. Mit fragendem Blick sieht er mich an und jetzt ist es mir peinlich, hier so blöd herumzustehen. Schau dir das an. Mieses Wetter, es donnert schon und ich bin komplett fertig. Das hat doch keinen Sinn, ich höre wirklich auf. Pause. Aber eigentlich habe ich noch nie aufgehört. „Na dann fang doch nicht heute damit an! Aussteigen kannst du sonst auch noch in Kals.“
Fang doch nicht heute damit an. Ein Satz, der mich noch das ganze Rennen begleiten soll.
Na gut. Die 20 Kilometer bis Kals werde ich wohl auch noch irgendwie schaffen. Schreibe eine SMS nach Hause, dass ich vielleicht aufhöre und gehe wieder bergauf. Ein paar zusätzliche Höhenmeter auf der Strecke können ja schließlich nicht schaden. Ich schüttle den Kopf über mich selbst. Ist das Motivation oder pure Dummheit?

Der Regen prasselt vom Himmel, es ist eiskalt, meine Finger werden taub. Wegen der Handschuhe bleibe ich jetzt aber nicht auch noch stehen. Am Weg sitzen zwei Bergretter. Immer noch leicht beängstigt rufe ich ihnen zu: „Wie schauts denn mit dem Wetter aus?“ „Nicht so gut“, geben sie zurück. „Muss ich mich fürchten wegen Gewittern?““ Na, da brauchst da nix denken.“
Ich verlasse mich auf die beiden und gehe weiter. Tatsächlich scheinen die dunklen Wolken hinter uns hängen geblieben zu sein, Richtung Salmhütte ist es zwar kühl und grau, aber es ist zum Glück kein Unwetter im Anmarsch.
Meine Müdigkeit wird nicht weniger. Wer schon einmal einen Ultra durch zwei Nächte gelaufen ist, weiß: Die zweite Nacht ist furchtbar. Man sieht Dinge, die es nicht gibt, kämpft mit dem Schlaf. So geht es mir heute bereits nach der ersten Nacht.
Wenn ich etwas Kleingeld dabei hätte, dann könnte ich mir jetzt bei der Salmhütte zumindest einen Kaffee kaufen – hab ich natürlich nicht.
Mein Sohn hat mir eine Sprachnachricht geschickt, ich höre sie recht schlecht, weil der Wind so stark weht. Auf jeden Fall solle ich bitte, bitte nicht aufhören – und ich kann ihn nicht enttäuschen.

Auf zum nächsten Anstieg – der Pfortscharte und damit dem höchsten Punkt des Rennens auf 2.828 m. Es ist brutal steil, aber eigentlich ist es ja nicht so schwierig: Nicht umfallen, einen Fuß vor den anderen setzen, dann kommt man auch aufwärts.
Oben hüllt uns Nebel ein, es ist stürmisch – ein guter Grund schnell ins nächste Tal zu laufen Richtung Lucknerhaus. Am losen Geröll geht es rasch abwärts, danach werden kurz die Schuhe ausgeleert und schon wartet die nächste Labe. – „Magst a Suppe?“ Warum nicht. Ich bin völlig energielos und zu dem Zeitpunkt absolut sicher, dass ich das Rennen trotz aller guten Zusprüche in Kals beenden werde. Die nächsten 300 Höhenmeter wandere ich bergauf. Es macht keinen Spaß. Die einzige Freude ist eine einsame Walderdbeere, die ich am Wegesrand finde.
Wieder flüstern mir die kleinen Teufel ins Ohr: „Macht ja nichts, heute ist nicht dein Tag, du bist niemandem Rechenschaft schuldig.“
Immer weiter, immer weiter, bis ich endlich Kals erreiche und dem heutigen Spuk ein Ende setzen kann.

Meine Endstation

Ich setze mich zu Manfred und Alfred, mit dem ich bei den verschiedensten Rennen schon gemeinsam unterwegs war. Das verbindet ungemein.
Die zwei sind so positiv gestimmt und muntern mich auf. Ich erzähle ihnen ganz ehrlich, dass ich einfach nicht weiß, ob und wie ich das heute noch schaffen soll. Ich bin so unglaublich leer und will vor allem kein Risiko eingehen; wir sind ja hier nicht bei einem Wald- und Wiesenrennen, sondern am Großglockner.
Ein netter Herr bei der Labestation bringt mir eine Tasse Kaffee, dazu eine gute Suppe. Obwohl ich am Ende bin, bringe ich es nicht übers Herz den netten Menschen hier zu sagen, dass ich aufhöre. Das kostet mich mehr überwindung, als irgendeinen Weg zu finden, weiterzukommen.
Ich nehme mir jetzt also Zeit, es gibt ohnehin nur noch zwei Möglichkeiten: Ich bleibe hier oder komme irgendwie zu Energie und werde wach. Noch eine Tasse Kaffee, außerdem 2 Salzstangerl mit Käse, dann werden die Schuhe gewechselt und ein paar durchnässte Sachen ausgetauscht.
Nach einer halben Stunde beschließe ich, einfach weiterzuwandern. Bis zum Kalser Tauernhaus warten keine schwierigen Abschnitte, also was soll passieren?
In der Klamm nutze ich jede Gelegenheit um meine Kappe nass zu machen, mir eiskaltes Wasser ins Gesicht zu schütten, um irgendwie erfrischt zu sein.

Von Kals Richtung Kalser Tauern - ein müdes Selfie-Lächeln

Von Kals Richtung Kalser Tauern – ein müdes Selfie-Lächeln

Kilometer 71: Kalser Tauernhaus

Dort stehen Wasserkanister. Ich lehne mich zurück ans Geländer der Hütte und blicke in die Sonne. „Alles ok?“ fragen mich die Läufer, die an mir vorbeiziehen. „Jaja, passt schon, Danke.“ Ich nehme den Streckenplan aus der Tasche. Dort steht: Kals, Bustransfer: 16:30 Uhr. Na das passt ja perfekt, ich kann gemütlich zurückspazieren, nehme den Bus retour nach Kaprun und alles ist vorbei. Ich habe mich heute genug gequält, es gibt eben Tage, da soll es nicht sein.
Vorher nehme ich noch mein Handy aus der Tasche, ich will meinen Lieben zuhause schreiben, dass die Sache jetzt ein Ende hat. Vorher häre ich mir aber nochmal in Ruhe die Sprachnachricht an, die mir mein Sohn geschickt hat:

„Hallo Mamsi. Du sollst nicht aufhären zu laufen. Ich mag, dass du den ganzen Lauf rennst. Bitte Mamsi. Ich drück dir sogar die Daumen.“ Am Ende noch ein dickes Bussi

Nein, ich kann das nicht, ich kann es einfach nicht.

„Was bist du bloß für ein Vorbild?“

Einfach aufhören? Egal, wann du ins Ziel kommst, du wirst das jetzt durchziehen. Mein Sohn glaubt mir sonst nie wieder, was ich ihm immer wieder erkläre: Gib niemals auf, es gibt immer einen Weg, auch wenn er noch so schwer ist. Dieser Lauf ist jetzt kein Rennen mehr, es ist eine Botschaft für das ganze Leben.

Die Teufel auf meinen Schultern, die mir seit 70 Kilometern ins Ohr flüstern, dass es keinen Sinn hat, verbanne ich jetzt. Es gibt nur noch ein Ziel und das heißt: Kaprun. Statt: „Ich gebe auf“, schreibe ich eine SMS nach Hause: „Laufe weiter.“

Am Weg zu den Dorferseen stecke ich immer wieder meinen Kopf ins Wasser. Der Grauschleier vor meinen Augen ist nicht angenehm und soll endlich verfliegen. Noch immer werde ich von etlichen Läufern überholt. Ich bin langsam, sehr langsam.
Bei Kilometer 75 beginnt der Anstieg zum Kalser Tauern. Zum ersten Mal im ganzen Rennen habe ich das Gefühl, wieder einen Funken Energie zu bekommen. Ich hole wieder einige Läufer ein.

„Du musst jetzt einfach an dich glauben“,

sage ich immer wieder laut zu mir selbst.
Egal, was der Körper sagt, mein Kopf ist stärker und an Sturheit hat es mir noch nie gefehlt.
Der Ultralauf zeigt mir heute ganz gewaltig seine Krallen. Es ist als würde mir der ganze Berg zuflüstern: Du bist hier nicht irgendwo. Ich bin der Großglockner. Hast du wirklich gedacht, das geht so einfach?

So gut das ganze Jahr verlaufen ist, so gut ich mich vorbereitet habe, so miserabel waren die letzten Tage vor dem Rennen. Das wird mir hoffentlich nie wieder passieren. Aber im Moment ist das egal. Im Moment zählt nur das Hier und Jetzt.

Salztabletten, Essen, Trinken, linker Fuß, rechter Fuß, nicht stolpern, positiv denken.

Die Rudolfshütte ist mittlerweile in Sichtweite. Kurz vor der Hütte lauert noch Sportograf Bernhard, egal wie entlegen die Gegend ist, wir treffen uns immer. Ich freue mich ihn zu sehen und laufe weiter zur Hütte hinauf. Dort halte ich mich jetzt nicht mehr lange auf, der Appetit hält sich nach 80 km ohnehin in Grenzen. So greife ich zu ein bisschen Salzgebäck, einem Stück Käsesemmel und ziehe weiter.

Zeitziele habe ich schon lange verworfen, aber die Chance, vor der Dunkelheit bis Kaprun zu kommen, lebt. Davor wartet noch ein hartes Stück Arbeit, das weiß ich aus dem Vorjahr – nämlich das Kapruner Törll.
Es klingt so einfach: Nur 650 Höhenmeter aufwärts, dann geht es nur noch bergab. Der Weg ist felsig, man kommt nur schwer voran, speziell wenn man bereits 6.000 Höhenmeter in den Beinen hat.
Ich fühle mich aber eigentlich zum ersten Mal im Rennen ganz gut, zumindest kann ich endlich fokussiert geradeaus schauen.So erreiche ich – wenn auch in gefühlt sehr dünner Luft – das Kapruner Tärl. Anschließend gilt es sich noch einmal richtig zu konzentrieren, denn die brüchigen Felsen lassen keine Fehler zu. Es folgen zwei langgezogene Schneefelder, auf denen ich noch kurz stürze, aber hier landet man zumindest sanft. Dann wird das Gelände allmählich eine Spur einfacher und ich bin heute, obwohl ich technische Trails Grundsätzlich sehr gerne mag, richtig froh darüber. Es geht über zahlreiche Wasserfälle steil bergab in Richtung Hochgebirgsstauseen. Ich zwinge mich alle Wehwechen zu ignorieren und zu laufen, was laufbar ist. Tatsächlich überholt mich langsam niemand mehr und ich freue mich schon, als die Staumauer immer näher kommt.


Doch dann wartet noch eine Bachdurchquerung. Ein Fähnchen, dazwischen ein etwa zwei bis drei Meter reißender Bach, auf der anderen Seite das nächste Fähnchen, das andeutet: Ja, das ist der richtige Weg. Ich bin etwas verzweifelt, denn ich traue mich hier nicht durch. Die nachkommenden Läufer: Ein Italiener, ein Spanier – niemand weiß so recht, wie wir hier durchkommen sollen. Ich laufe auf und ab, irgendwo muss doch eine bessere Stelle sein? Immer wieder versuche ich irgendwo Fuß zu fassen, doch der Fluss ist ganz einfach zu stark. Das gibt es doch nicht, die anderen sind hier auch durchgekommen?

„I’m too scared“,

rufe ich. Dann entdeckt der Spanier eine Stelle, wo es nicht ganz so tief ist, er reicht mir die Hand und hilft mir auf die andere Seite. „Thank you so much, thank you!“ – Ich bin ihm unglaublich dankbar. Die Situation unterstreicht wieder einmal den familiären Charakter der Trailläufer!
Schuhe und Socken sind jetzt natürlich durchnässt und schwer, der einzig positive Effekt ist, dass ich sehr erfrischt bin.

Nächste Labstelle: Mooserboden. Noch 16 Kilometer bis ins Ziel.

Ein Becher Cola, dazu ein Stück Brot und weiter. Den nächsten Kilometer bin ich damit beschäftigt, an der Brotrinde herumzukauen, das beruhigt immer den Magen.
Ende in Sicht. Der Weg ist nicht einfach, aber es läuft recht gut. Nun geht es über Trails und durch Tunnels in Richtung Kesselfall. Den ersten Tunnel durchlaufe ich. Nachdem ich heute schon Birken mit Dynafit Markierungsbändern verwechsle, ist der dunkel Tunnel wie eine Geisterbahn. überall sehe ich dunkle Gestalten sitzen, die 700 Tunnel-Meter sind ein einziger Horrorfilm. So nehme ich bei den nächsten beiden lieber den matschigen und schwierigeren Trail rundherum.
Im Wald ist es schwül, man merkt, dass sich ein Gewitter zusammenbraut, aber hoffentlich nicht, solange ich unterwegs bin. Kesselfallhaus: Noch etwa 8 Kilometer bis Kaprun. – Nur nicht nachlassen, lauf, lauf, lauf! Irgendwann kommt das 5 km to goa – Schild, ein Segen! Kaprun rückt in Sichtweite, jetzt nur noch vorbei am Klammsee, noch 2 Kilometer, – durch die Fußgängerzone, 1 Kilometer und gleich bin ich im Ziel. Die letzte Energie wird freigemacht, ich sehe den Zielbogen und laufe nach knapp über 22 Stunden durchs Ziel.
Was für ein Rennen! Was meine Zeit betrifft, fühle ich mich so gar nicht rühmlich. Aber es war vielleicht mein am härtesten erkämpftes Trail-Finish und darauf bin ich sehr stolz. Never give up. Das sollte man immer im Kopf behalten.

Der Großglockner Ultratrail hat wieder bewiesen, dass er ein ganz eigenes Kaliber ist, die Hors Catégorie des Ultratrails.
Jeder, der hier das Ziel erreicht, ist ein Sieger! Physische Stärke, mentale Kraft, Durchhaltevermögen und Erfahrung, ohne diese Komponenten hat man hier wenig Chancen, sich die Finisher-Medaille umhängen zu dürfen.

Apropos Finisher-Medaille: Als ich am nächsten Tag nach Hause komme, erzähle ich meinem Sohn natürlich, dass ich nur wegen ihm gefinished habe. Er ist megastolz, sieht sich die Medaille an und sagt zu mir: „Die ist aber wunderschön – schau, wie sie glitzert.“

„Weißt du, eigentlich gehört sie uns beiden gemeinsam.“